Doktor Hausfrau

Südlich der Loire verändern sich die Farben. Der Himmel sieht aus wie frisch gewaschen, die Häuser tragen plötzlich Roll- und Fensterläden gegen die Hitze. Die Landschaft faltet sich mehr und mehr auf. Links und rechts der Autobahn wächst Wein. Je hügeliger es wird, desto breiter grinst Monsieur. Als Toulouse hinter uns liegt und sich die blau schimmernden Bergketten der Pyrenäen ins Bild schieben, legt er innerlich die Füße hoch und schmaucht ein Festtagszigarettchen. Er eignet sich nicht zur Drinnenhaltung auf 52 Quadratmetern, schon gar nicht in der Großstadt, schon gar nicht in einer Großstadt in der norddeutschen Tiefebene.

Die Wanderungen und tagelangen Expeditionen, die er geplant hat, würden für ein ganzes Leben reichen. Ob ich ihn überhaupt sehen werde während unseres Jahres in Frankreich? Diese kleine Sorge reist mit: Dass ich allein mit Bébé in wunderbarer Idylle total vereinsame. Ich bin ein Stadtkind; Cafés, Läden und Leute halten meine Gedanken frisch und bringen mich auf neue Ideen. Landleben kann ich nicht. Ob ich es lerne?

Dazu eine Begebenheit kurz vor unserer Abreise: Ein Marktforschungsinstitut rief an und befragte mich zu einem Hamburger Stadtentwicklungsthema. Am Ende wollte die Dame in der Leitung noch ein paar persönliche Infos über uns einholen. Was denn der höchste Bildungsgrad im Haushalt sei? Ein Doktorhut, sagte ich. Sie ging automatisch davon aus, dass mein Mann ihn trüge und fragte weiter: Und Sie? Ich wollte zu einer längeren Erklärung ausholen, also, ich habe gerade ein Kind bekommen, arbeite nächstes Jahr wieder und hab immer Vollzeit und – sie unterbrach mich: Aha, dann kreuze ich „Hausfrau“ an. Da musste ich kurz schlucken. Hausfrau. Aber sie hat ja Recht! Ich bin jetzt Hausfrau. Hausfrau in Frankreich. Mon dieu.

One thought on “Doktor Hausfrau

  1. liebe Frau Bömelburg,
    Ich habe heute morgen Ihren blog entedeckt und finde ihn grossartig! Mein Mann und ich kommen zwar aus der Schweiz (in Zürich vergessen wir auch desöfteren wie das gelbe Ding am Himmel heisst), sind aber nun seit März für 2 Jahre in Berkeley, Nordkalifornien “stationiert”. Zwar trägt bei uns tatsächlich mein Mann den Doktorhut (für seinen postdoc sind wir hier), doch habe ich als Architektin vorher stets vollzeit…naja, jetzt als vollzeit hausfrau eben.(Arbeitsbewilligung dauert in den usa schonmal 4 Monate)
    lustigerweise hat sich ungeplant kurz vor der Abreise auch ein Bebe bei uns angekündigt, welches sich im September zu uns gesellen wird.
    Merci für den tollen Blog!

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