Der Bulle von nebenan

Ich erwähnte es bereits: Unser Garten wird von einer niedrigen Mauer begrenzt, dahinter kreuzt der Wanderweg, dann spannt sich ein fadendünner Elektrodraht und dort beginnt die Wiese von Nachbars Kühen. Es grasen samtäugige Rinderdamen in Farbschattierungen zwischen Café Crème und Haselnuss; sie wiegen sich gemütlich in den Hüften. Plus ein rotbraunes Kälbchen. Plus ein bulliger Bulle mit Quadratschädel. Mais oui, hier werden Kühe noch auf natürlich Art geschwängert! In Gottes freier Natur und mit Ausblick! Unser toro hat sieben Frauen, für jeden Tag der Woche eine. Mit solchen Haremsbesitzern ist nicht zu spaßen. Er kommt ganz nah an den Zaun heran, um uns in Augenschein zu nehmen. Zwischen uns liegen etwa anderthalb Meter Bergluft, Duftnote „Wiese“, und das elektrische Fädchen des Zauns. Der Bulle pendelt mit den Ohren, scharrt ein bisschen mit dem Huf. Ist das nicht die Angriffspose der Rindviecher, frage ich mich. Kennt man doch vom Stierkampf und Spanien ist ja nur eine Bergkette entfernt. Ich sehe uns schon aufgespießt, platt getrampelt, Bébé verwaist. Schlagzeile in der Lokalzeitung: Tragischer Unfall auf idyllischer Alm. Dann entspannt sich das Vieh. Fast hört man ihn schnauzen: „Papiere bitte! Aha, Ausländer.“ Ein Huftritt, als würde ein Stempel knallen. Wir sind fürs Erste geduldet.

Stunden später kommt das Kälbchen an den Zaun geschlendert und lutscht am Draht herum. Er ist mitnichten elektrisch!

Toro und seine HodenToro et sa femmeToro von vorn

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