Das mütterliche Drittel

Ich musste dringend mal runter von unserem Hügel. Hier ging mir in den letzten Tagen alles furchtbar auf die Nerven: das Landleben (Hausarbeit in Dauerschleife), der Mann (tagelang unterwegs auf Foto-Pirsch), das Baby (vor allem das!).

Bevor also noch was Schlimmes passiert, steigen wir ins Auto und fahren eine Stunde nach Süden, Richtung Spanien. Kurz vor der Grenze liegt das Heilbad und Ski-Städtchen Bagnères-de-Luchon. Hier haben schon die Römer Wellness gemacht. Bei der Ankunft freue ich mich gegen meinen Willen über ein Werbeposter der Thermalbäder: ein Murmeltier mit Handtuch-Turban. Es provoziert mein erstes Lächeln seit Tagen.

Wir nehmen die Gondel ins Ski-Gebiet und tauchen in 2000 Metern Höhe durch die Wolken in eine gleißend helle Welt aus Schnee und Licht. Die Saison hat noch nicht richtig angefangen und der Ski-Betrieb ist beschaulich: nur ein paar Läufer, die mit viel Platz durch den Pulverschnee schwingen (70 Zentimeter Neuschnee letzte Nacht!); ein paar Snowboarder in neonfarbenen Outfits; einige Rutsch-Zwerge auf kurzen Ski mit großen Helmen. Wir setzen uns in die Sonne ins Café, trinken Café, und ich atme ein und aus und durch.

Bébé interessiert sich für das weiße Zeug, das überall herum liegt. Wissensdurstige soll man nicht aufhalten, denke ich, und lasse das Kind den Schnee befühlen. Es lutscht daran und isst ihn schließlich auf. Später bekommt es davon schlimme Bauchschmerzen und beschimpft uns Eltern als verantwortungslos. Kann ich es denn niemandem Recht machen?! Egal. Der Tag hat eine kühlende, aufhellende Wirkung auf mich. Wir fahren wieder runter in die Wirklichkeit und beschließen erstens, dass Bébé zukünftig Pulvermilch bekommt, wenn mein Busen und ich Lust haben, uns vom Kind zu entfernen. Und zweitens engagieren wir einen Babysitter.

Bébé wird in den nächsten Tagen deutlich sagen, dass es weder mit der Pulvermilch noch mit dem Babysitter einverstanden ist (Laura, die Tochter des Schäfers). Tant pis, dumm gelaufen, wie der Franzose sagt. Das Kind ist schließlich nur ein Drittel der Familie und den anderen beiden Dritteln muss es auch gut gehen. Vor allem dem mütterlichen!

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2 thoughts on “Das mütterliche Drittel

  1. Hallo Helen, das mit dem nicht mehr stillen wollen, habe ich mir damals bei Lucas auch einfacher vorgestellt. Auch der junge Herr hatte mich als seine Quelle zum sattwerden erkoren und Pulvermilch wollte er von mir nicht annehmen. Da blieb uns nur der Ausweg: wir fahren in den Urlaub und der Herr Papa übernimmt das Fläschchen geben. Das hat dann nach ein bißchen gemecker auch schnell geklappt. Nur ich durft nicht zu dieser Zeit in seine Nähe kommen.
    Lasst es euch gut gehen.

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