Sonntag am Fluss

Wir sind drei Wochen unterwegs. Monsieur fotografiert Höhlen für einen Reiseführer. Zuerst im Flusstal der Ardèche, danach in der Provence und schließlich werden wir noch nach Monaco fahren (Höhlen in Monaco? Man erlebt doch seltsame Dinge mit einem Grottenolm als Ehemann).*

Erstes Camp der Reise ist Vallon Pont d’Arc, Hauptstädtchen aller Ardèche-Touristen. Der Fluss zieht hier malerische Schleifen durch einen Canyon aus Kalkstein und hat mit  gigantisch viel Zeit einen ebenso gigantischen Felsbogen ausgewaschen, durch den tiefgrünes Wasser strudelt: der Pont d’Arc ist eine von Frankreichs großen Landmarken und in jedem Französisch-Schulbuch abgebildet.

Im Sommer läuft der Fluss fast über vor Touristen in ihren Kajaks, doch jetzt haben wir ihn, seine sandigen Uferstrände und den Pont d’Arc ganz für uns allein. Bébé, endlich des Sitzens fähig, muss nicht mehr wie ein schlappes Kartoffelsäckchen vorn getragen werden, sondern reist wie eine vollwertige Person, mit Überblick und Beinfreiheit: auf Papas Rücken in der Kiepe. Die Beförderung gefällt offenbar; Bébé findet uns, den Fluss, den Spaziergang, einfach alles irre witzig. Aber was heißt hier Spaziergang!

Mit Bébés Vater draußen unterwegs zu sein ist niemals nur ein Spaziergang. Auch diesmal nicht. Es wird eine handfeste Wanderung entlang der Steilhänge, durch Eichenwälder und viel, viel Matsch. Mal klettern wir wie Zwerge durch haushohe Felsbrocken, mal geht es  leicht über perfekte Sandstrände. Schon beginnt Monsieur zu fantasieren: Jetzt ein Zelt, ein Gaskocher und eine leckere Tüte Fertignudeln; die Guards vom Naturpark würden uns gar nicht bemerken…

Den Rückweg kreuzt ein nicht gerade sanfter Wasserfall. Augen auf und durch! Das Baby juchzt vor Vergnügen über den eiskalten Schwall, der auf das Kiependach nieder rauscht. Wir Großen werden pladdernass. Ab nachhause. Wir haben eine Ein-Zimmer-Ferienwohnung gemietet, simpelst ausgestattet mit Blechbesteck und Omas angeschlagenem Porzellan mit Goldrand. Das heiße Duschwasser würde für zwei kurzhaarige Grottenolme reichen; Menschen wie ich jedoch, mit langem Haar und Haarwäschewunsch, müssen am Ende ganz fest an Doktor Kneipp denken und wie gesund doch kalte Güsse sind… Bébé nimmt mangels anderer Behältnisse ein Schaumbad in der Küchenspüle.

Und wie wir so am Abend zusammen sind, Heizung aufgedreht, und im selben Zimmer kochen, spielen, arbeiten und schlafen, ist es doch ein wenig wie Zelten.

* wen die Arbeit eines Höhlenfotografen interessiert, sollte diesen Blog verfolgen:
La France vue des Grottes (Texte auf Französisch).

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Ernest badet im Spülbecken

3 thoughts on “Sonntag am Fluss

  1. Vielen Dank für den amüsanten und informativen Bericht aus diesem wunderschönen Landstrich Frankreichs. Ich hoffe für Euch, daß sich jetzt keine Erkältung ankündigt……..
    Herzliche Grüße aus Münster,

    WW

  2. Oh Helen, das klingt mal nach echtem Abenteuer “spaß”. Nicht mehr krank und rotzig ist auch mal was….!?!
    Liebe Grüße von der Küste
    Die Bremer

  3. Aha, so denke ich, jetzt kommt doch mal ein sachlicher Reisebericht, merke jedoch nach einigen Zeilen, wie Helen beim Schreiben langsam zur Hochform aufläuft. Beim Foto unter dem Wasserschwall muss ich schmunzeln, beim Anblick von bebe ertönt ein plötzliches lautes Gelächter durch unser Haus. Was für ein Kind mit diesem Gesichtsausdruck!
    Bravo auch für Monsieur, der ja wohl fotografiert hat.

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